Das Stift Marienfließ, in Stepenitz, am nördlichen Rand der Prignitz gelegen, gehört zum wertvollsten Kulturerbe des Landes Brandenburg. Es wurde 1231 am Oberlauf der Stepenitz, nahe der mecklenburgischen Grenze von Johann Gans zu Putlitz gegründet und ist das älteste Zisterzienser-Nonnenkloster im heutigen Land Brandenburg. Seine herausgehobene landesgeschichtliche Bedeutung hat es schon im Mittelalter erworben, als es eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Festigung der Mark Brandenburg spielte. Sowohl die Institution des ehemaligen Nonnenklosters und heutigen Stifts als auch die Kirche sowie die umliegenden Stiftsgebäude sind von kulturhistorischer Bedeutung für die Prignitz. Heute begrenzt der Fluß Stepenitz das parkartige Stiftsgelände mit sehr schönen alten Bäumen, der zentral gelegenen Stiftskirche, umrahmt von mehreren alten Gebäuden.
Geschichte des Stifts Marienfließ
Das Stift Marienfließ hat in seiner langen Geschichte vielfache Wandlungen erlebt. Die Geschichte des Stifts reflektiert wesentliche Epochen der Brandenburgischen Landesgeschichte. Das im Jahre 1231 von Johann Gans zu Putlitz gegründete Zisterzienser-Nonnenkloster wurde im Zuge der Reformation in ein evangelisches Damenstift umgewandelt. Es erlitt im Dreißigjährigen Krieg die fast vollständige Zerstörung, als auch die mittelalterlichen Klausurgebäude mit dem Kreuzgang zerstört wurden. Der Wiederaufbau begann im Jahre 1655. Während der DDR-Zeit wurde das Stift Marienfließ als Ruhesitz für kirchliche Mitarbeiter und als Altenpflegeheim genutzt. Heute bietet das Stift älter gewordenen Menschen eine entsprechende Begleitung und Betreuung an.
Ob als Nonnenkloster, adeliges Damenstift, Altersruhesitz kirchlicher Mitarbeiter oder als Altersheim, eine Konstante wird doch über die Zeiten deutlich: die christliche Motivation aller mit Geschichte und Gegenwart des Stifts im Zusammenhang stehenden Handlungen.
Gründungslegende
Die Gründung des Klosters Marienfließ ist auf besondere Weise mit dem Flüsschen Stepenitz verbunden. Einer Legende zufolge trieb ein Marienbild, sicher verwahrt in einer Kiste, auf der Stepenitz und wurde an der Stelle, wo in der Folge das Kloster errichtet wurde, an Land getrieben. In der Kiste befand sich neben dem Bildnis der Mutter Gottes einiges an Geld, mit dessen Hilfe die Gott geweihte Stätte gebaut werden konnte. Und der Name der frommen Stiftung fiel auch noch mit ab: Marienfließ!
Für Marienfließ aber gibt es nicht nur eine Gründungslegende, sondern es ist noch eine zweite überliefert, deren Erzählung in die ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts führt. Kaiser Otto IV. (1209–1218) hatte sich damals auf eine Pilgerreise nach Palästina begeben. Dort erhielt er von einem Sultan eine Reliquie des Blutes Christi geschenkt. Zurückgekehrt nach Deutschland, bewahrte er das Heiligtum an einem geheimen Ort auf. Nach dem Tod des Kaisers (1218) nahm sich ein Mitwisser der Reliquie an und schenkte sie Johann Gans, der sie daraufhin den Nonnen seines Klosters in Stepenitz übergab.
Diese Geschichte, überliefert in einer Urkunde vom Ende des 13. Jahrhunderts, ist längst von der Forschung als Fälschung entlarvt. Für die Gläubigen des Mittelalters jedoch stand es außer Frage, daß eine solche Reliquie echt war, wenn sie von den heiligen Stätten stammte, zumal die Rechtmäßigkeit des Geschehens vom Havelberger Bischof bestätigt war.
Zeittafel
1231 | Gründung des Klosters Marienfließ durch Johann Gans zu Putlitz. Ausstattung mit 60 Hufen Land (1 Hufe = 16,8 ha). |
1256 | Urkunde über die Marienfließer Blutreliquie (wahrscheinlich Ende des 13.Jahrhundert entstandene Fälschung). |
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Stiftskirche
Die hochgotische ehemalige Klosterkirche St. Maria und Maria Magdalena wurde am Ort eines vermutlich hölzernen Vorgängerbaus erbaut. Dendrochronologische Untersuchungen konnten die Erbauung auf das frühe 14. Jahrhundert datieren, mit einer Bauphase von ca. 1300 bis zur Fertigstellung im Jahr 1318. Der hölzerne Westturm lässt sich auf das Jahr 1598 datieren. Eine Dachwerkserneuerung wurde 1829 abgeschlossen. Schließlich erfolgten neogotische Umbaumaßnahmen durch den königlichen Regierungsbaumeister Wilhelm Walther (1857 – 1917) in den Jahren 1900/1901.
Die heutige Stiftskirche hat wie durch ein Wunder alle Kriege, Verwüstungen und politischen sowie gesellschaftlichen Umbrüche während der vergangenen 700 Jahre weitgehend unbeschadet überstanden. Sie verfügt über etwa 350 Plätze und steht heute der Allgemeinheit offen. In ihr werden Gottesdienste, Andachten und Gebete abgehalten, gelegentlich auch Hochzeiten und Taufen. Nach umfangreicher Restaurierung mithilfe des Förderkreises erklingt die 1868 erbaute Orgel des renommierten sächsischen Orgelbauers Heerwagen aus Klosterhäseler (heute Sachsen-Anhalt) heute in altem Glanz.